Faszination des Schauens

„Außen und innen“: Gemälde von Ulrich Hollmann in der Göttinger Torhausgalerie

Göttingen. Bilder aus 60 Schaffensjahren zeigt der Duderstädter Künstler Ulrich Hollmann in einer Ausstellung in der Torhausgalerie auf dem Göttinger Stadtfriedhof. „Außen und innen“ heißt das schlichte Motto der Schau, die am Donnerstag unter lebhaftem Publikumszuspruch eröffnet wurde. Kein Stuhl war frei geblieben.

Zu sehen sind 29 Exponate, 18 in Öl, sieben in Acryl auf Leinwand, dazu drei Holzschnitte aus Hollmanns Studienzeit. Sie bilden nur einen kleinen Ausschnitt aus dem reichen Œuvre des 1937 in Schlesien geborenen Künstlers, der an der Kunstakademie in Karlsruhe ausgebildet wurde und anschließend bis zum Eintritt in den Ruhestand 1999 Lehrer an Gymnasien war. Seitdem ist er als freischaffender Künstler in Duderstadt tätig. Sieben der ausgestellten Bilder sind vor dem Jahr 2000 entstanden, weitere sieben in der Zeit bis 2010. Der Hauptteil der Arbeiten stammt aus der jüngsten Zeit.

Hollmann folgt einem „nicht gerade opportunen Trend“, wie die Kulturjournalistin Tina Fibiger in ihrer Einführung hervorhob: Er arbeitet grundsätzlich gegenständlich, ja, er sei sogar „unfähig, Bilder sich auszudenken“, wie Fibiger aus einem Gespräch mit Hollmann berichtete. Seine Motive entstammen also sämtlich der eigenen Anschauung. Da gibt es Marktbilder aus Duderstadt, eine Reihe von „Rasenbildern“, die Szenen aus Fußballspielen (gesehen im Fernseher) zeigen, auch ganz eindeutig positionierte Landschaften, etwa einen Blick vom Pferdeberg nach Süden, Bilder vom Seeburger See oder der Rhumequelle.

In den neueren Arbeiten, so Fibiger, seien die realistischen Bezüge nicht mehr so deutlich wie in den früheren. Hollmann male, „auf dass wir staunen, was wir noch nicht gesehen haben“, er schaffe „malerische Farbdichtungen“, die einen „wunderbaren und befreiend belebenden Kosmos“ bildeten. In der Tat sind etwa die großformatigen Spiegelungen im Wasser, die im Hauptraum der Torhausgalerie zu sehen sind, vor allem Farbstudien in sehr fein abgestuften Tönungen. Hollmann zeigt den Lichtreiz, das Verschwimmen klarer Konturen im bewegten Wasser.

Hohe Qualität mit leisen Tönen

Hollmann lässt sich auch von wunderbar beleuchteten Wolkenformationen über dem Meer inspirieren – ein Allerweltsmotiv, könnte man meinen, doch stellt auch hier der Künstler weniger den Gegenstand als die Faszination des Schauens selbst dar. So etwas verweist deutlich auf das Motto der Ausstellung „Außen und innen“, nämlich die Wirkung, die das Außen auf die Innenwelt des Wahrnehmenden ausübt.

Schon kurze Zeit nach dem Ende der Einführung, die von virtuosen musikalischen Intermezzi mit Gino Dominioni am Akkordeon aufgelockert war, klebte bei einigen Arbeiten auf dem beigefügten Zettel mit dem Bildtitel bereits ein kleiner roter Punkt: Sie waren verkauft. Was den großen Reiz dieser Gemälde eindeutig belegt. Sie wollen nicht etwa mit eitlen Provokationen den Blick auf sich lenken, sondern beweisen ihre hohe künstlerische Qualität gleichsam mit leisen Tönen.

Die Ausstellung „Außen und innen – Bilder aus 60 Jahren“ wird in der Torhausgalerie im Stadtfriedhof, Kasseler Landstraße 1, gezeigt. Öffnungszeiten: bis zum 9. Oktober jeweils von Freitag bis Sonntag von 15 bis 17 Uhr.

Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 05.09.2022, Seite 9

Ulrich Hollmann vor seinem 2011 entstandenen Gemälde „Am Seeburger See“.
© Quelle: Michael Schäfer