Gabriele Küstner
geboren am 21.02.1958 in Göttingen
www.gabriele-kuestner.com
Bereits seit meiner Ausbildung beschäftige ich mich mit dem Thema des verschmolzenen Glasmosaiks.
Diese Technik wurde bereits in vorchristlicher Zeit von den Römern praktiziert. Über all die Jahre war ich
in der Lage diese Technik ständig zeitgemäß weiterzuentwickeln. Ich denke es ist sehr wichtig für die künstlerische Arbeit eine eigene Ausdrucksform zu schaffen. Ich glaube dies ist mir mit meiner Arbeit gelungen. – Gabriele Küstner
- 1985, 2002 : Scholarship, Pilchuck Glass School, Stanwood, WA
- 1995: Meisterprüfung
- 1984–1985: Assistentenstelle bei David Huchthausen am Appalachian Center for Crafts, Smithville, TN, USA
- 1981–1984 : Staatliche Glasfachschule Hadamar, Deutschland
- Seit 1988: Mitglied des Bayerischen Kunstgewerbevereins
- Seit 1990: Eigene Werkstatt im Künstlerhaus Göttingen
- 1991–1992 : Teaching Assistant, Pilchuck Glass School, Stanwood
- 1986–1990 : Eigene Werkstatt in der Nähe von Göttingen
- 2004, 2007, 2011: Lehrauftrag „The Studio“, Corning, NY, USA zusammen mit Josh Simpson
- 2016: Teaching at Karya Akademi Design Workshop, Bodrum, Türkei
- 2017, 2018: Lehrauftrag „The Studio“, Corning, NY,USA
- 2012: Hessischer Staatspreis im deutschen Kunsthandwerk, Frankfurt
- 2000: Bayerischer Staatspreis im gestaltenden Handwerk, München;
„Glas 2000“ 2. Preis, Glasmuseum Immenhausen - 1998: Preis des Bundesinnungsverbandes des Glaserhandwerks, Hadamar
- 2019: „Just Glass“, Handwerksform Hannover, Hannover;
„Verschmolzene Glasmosaike-Gefässe und Wandarbeiten“, Bayerischer Kunstgewerbeverein, München - 2018: „Best of Glaspreis“ Die Preisträger der Immenhäusener Glaspreise von 2000–2015, Immenhausen;
Homo Faber, Crafting a more human future, Fondazione Giorgio Cini, Venedig, Italy - 2017: „The Peak Eyes: Recycling Art“, Shanghai, China;
„Picturing Innovation“ Chrysler Museum of Art, Norfolk, Virginia, USA - 2016: Galerie Brigitte Kurzendörfer, Pilsach;
Grassi-Messe, Grassi Museum, Leipzig;
Centre International du Vitrail au Chartres „In Search of the Light of the World“, Chartres, France - 2015: Bayerischer Kunstgewerbe Verein „Silber und Gold“, München
- Ebeltoft Glasmuseum, Ebeltoft, Denmark
- Göttingen Städtisches Museum, Göttingen
- Hamburg Museum für Kunst und Gewerbe
- Immenhausen Glasmuseum
- Prague Museum for Decorative Arts, Prague, Czech Republic
- Schleswig ,Schleswig Holsteinisches Landesmuseum Schloß Gottorf
- Staatliche Kunstsammlung Dresden, Museum für Kunsthanwerk, Schloss Pillnitz, Dresden
- Bremen, Focke Museum
- Grassi Museum, Leipzig
- Museum Angewandte Kunst, Frankfurt/Main
Einführende Worte
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Kunstinteressierte,
„…sehr herzlich möchte ich Sie im Namen der Stadt Göttingen zur heutigen Vernissage begrüßen und freue mich, dass Sie auch heute wieder zahlreich erschienen sind….“!
So oder so ähnlich habe ich Sie in den letzten 9 Jahren bei den zahlreichen Ausstellungseröffnungen in der TORHAUS-GALERIE empfangen dürfen. Nun, da das öffentliche und kulturelle Leben weitgehend zum Erliegen gekommen ist, sind viele Dinge, die zu einer Selbstverständlichkeit in unserer demokratischen Gesellschaft geworden sind, nicht mehr möglich, eben nun auch die schon überregional bekannten Kunstausstellungen in der TORHAUS-GALERIE. Damit Sie aber nicht gänzlich auf alle schönen Dinge des Lebens verzichten müssen, hat sich das Team der TORHAUS-GALERIE dazu entschieden, trotzdem eine Kunstausstellung zu eröffnen, allerdings nicht wie gewohnt in den Räumen des Torhauses auf dem Stadtfriedhof, sondern virtuell im Internet. Das ist für alle Beteiligten eine neue, aber auch reizvolle Erfahrung. Mein besonderer Dank gilt daher zunächst allen, die an der Realisierung tatkräftig mitgewirkt haben, vorrangig dem Initiativkreis TORHAUS-GALERIE, der Agentur Phase.Zwei, der Künstlerin sowie dem Fotografen Peter Heller.
„Farbe war schon immer wichtig für mich“, sagt die in Göttingen geborene Gabriele Küstner. Die intensive Farbigkeit ist somit markantes Merkmal der Glasobjekte, die ihre Einzigartigkeit durch den Schliff und die besondere Haptik erhalten. Weitere Details überlasse ich sehr gern den einführenden Worten von Herrn Dr. Manfred Koller. Seit 1990 betreibt Gabriele Küstner eine eigene Werkstatt im Künstlerhaus in Göttingen und legte 1995 die Meisterprüfung zur Glasveredlerin ab. Über die vielen Jahre ihrer Tätigkeit hat sie die Technik des Glasmosaiks in großer Perfektion ständig zeitgemäß weiterentwickelt und dabei eine eigene Ausdrucksform gefunden. Mit zahlreichen nationalen wie internationalen Ausstellungen und Auszeichnungen zählt Gabriele Küstner zu einer der wichtigsten Vertreterinnen der zeitgenössischen Glaskunstszene. So gehört Gabriele Küstner zu den regelmäßigen Preisträgern der Award Exhibition der Habatat Galleries Royal Oak, Michigan/USA, erhielt unter anderem 1997 den niedersächsischen Staatspreis im gestaltenden Handwerk,
2000 den Bayerischen Staatspreis im gestaltenden Handwerk und 2012 den Hessischen Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk.
Neben ihrer gestalterischen Arbeit unterrichtet sie u.a. in den USA am „The Studio“, angegliedert dem „The Corning Museum of Glass“, Corning, New York. Ermöglicht wurde diese virtuelle Präsentation der Ausstellung erst durch die finanzielle Unterstützung der Sparkasse Göttingen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ebenfalls sehr herzlich bedanken.
Seien Sie also herzlich willkommen zu einem virtuellen Rundgang durch die Werkschau der Künstlerin
Gabriele Küstner.
Wolfgang Gieße
Stadt Göttingen, Fachdienst Friedhöfe
Diese Ausstellung ist – dem Coronavirus geschuldet – virtuell. Vor kurzem konnte ich Gabriele Küstners Glaskunst noch in ihrem Atelier bewundern. Es ist eine Werkstatt im Hof des Künstlerhauses in der Gotmarstraße, die nach anstrengender Arbeit aussieht. Kartons mit Material stapeln sich dort, mit Aufschriften aus aller Herren Länder. Schleifmaschinen fallen ins Auge, oft mit einer ganz eigenen Ästhetik. Regale sind gefüllt mit Glasstäben in vielfältigen Farben. In zufälliger Anordnung sind allein sie schon geeignet, die künstlerische Fantasie anzuregen. Frotteehandtücher hängen auf den Maschinen, Säcke mit Styroporverpackungen gemahnen: Glas ist zerbrechlich. Das macht es vielleicht auch so wertvoll für den Menschen, weil es ihn zwingt, ihm stets mit Respekt und Zartheit zu begegnen.
Glas haben die Menschen seit Jahrtausenden hergestellt, benutzt, bewundert. Seit ca. 1500 v.Chr. war es in Ägypten vorhanden. Wahrscheinlich wurde die Technik aus Nordsyrien und Palästina importiert. Nördlich der Alpen stellte man etwa vom 12. bis zum 17.Jahrhundert Pottascheglas her, das wegen darin enthaltener Eisenoxide eine grünliche Färbung aufwies. Man tat dies in Waldglashütten, dort, wo eben viel Holz zur Glasschmelze vorhanden war. Sie kennen vielleicht den Ort Glashütte an der Oberweser.
Gabriele Küstner hat sich u.a. mit altrömischen Techniken der Glasherstellung auseinandergesetzt. Die gebürtige Göttingerin verspürte schon früh eine besondere Affinität zu Glas: ein früher Vorfahr war Glasbläser in Murano. Sie ließ sich an der Staatlichen Glasfachschule Hadamar (1981–1984) zur Glasschleiferin ausbilden. Dort begegnete sie Josef Welzel, der sich mit altrömischen Techniken beschäftigt hatte, z.B. mit Diatretgläsern, bei denen der Gefäßkörper von einem durchbrochenen Glasnetz umfangen wird. Sie werden auch als Netzbecher und im Englischen als cage cups (Käfiggläser) bezeichnet. Gabriele Küstner bewundert diese Technik, in der die Strukturen durch Schleifen aus dem ursprünglichen Glaskörper herausgearbeitet werden müssen. In Hadamar lernte sie auch die Technik der Herstellung von Mosaikgläsern kennen, die, ebenfalls noch aus altrömischer Zeit stammend, um 1500 in Venedig aufgegriffen und unter dem Begriff „Millefiori“ bekannt wurde. Der Begriff wurde als Hommage an die Vielfalt der Schöpfung und Umschreibung des Paradieses verstanden (vgl. Rüdiger Joppien, 2019). Weitere wichtige Stationen waren 1984/85 das Appalachian Center for Crafts in Smithville (Tennessee) und die Pilchuck Glass School (Stanwood, Washington).
Zurück ins Atelier! Gabriele Küstner holt aus einer Verpackung lange, mal daumendicke, mal schlankere Stäbe aus Kalk-Natron-Glas, welches sich besonders gut zum Schleifen eignet. Sie erklärt, wie sie pulverisierte Pigmente unter Zuhilfenahme von Wasser und Bindemittel mit dem Pinsel von außen auf die Stäbe aufträgt. Sie dringen nicht in den Innenbereich der Stäbe ein. Die Pigmente werden eingebrannt. Nur Porzellanfarbe übersteht Temperaturen um 900 Grad Celsius, die bei der späteren Verschmelzung der einzelnen Mosaiksegmente benötigt werden. Die so vorbereiteten Stäbe werden dann mit der Diamantsäge zu einzelnen Segmenten zersägt. Die entstandenen zylindrischen Glassegmente als Mosaik in einen Rahmen aus feuerfestem Fasermaterial auf Schamottplatten eingefügt. Bei der Gestaltung kommt es nun darauf an, ein dreidimensionales Mosaik aus den jeweiligen unterschiedlichen Durchmessern zu komponieren. Hierbei zeigt sich, dass Gabriele Küstners Zugang zu Farbe und Form durch Victor Vasarely beeinflusst wurde.
Wichtig ist ein einheitliches Glasmaterial. Industriell vorbereites Farbglas besäße unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten, so dass die Gefahr von Rissbildungen beim Kühlungsprozess des Glases entstünde. Beim Schmelzvorgang bei 900 Grad Celsius bleiben diese Elemente nicht rund, sondern füllen die zwangsläufig beim Legen entstehenden Hohlräume aus. Es entsteht eine Wabenstruktur, die sehr an ein organisches Gewebe erinnert. Anschließend wird das Objekt geschliffen. Genannt seien die Methoden Linsenschliff, Keilschliff, Hohlschliff und Hammerschlag. Diese Schliffe geben der Oberfläche einen gewebeartigen Charakter und betonen die Lichtreflektion. Die verschmolzenen Glasmosaike haben nun die Form von Schalen oder auch von gerahmten Tafeln und entfalten ihre besondere Wirkung durch das durchscheinende oder darauf fallende Licht. Dieser Effekt kann leider in einer virtuellen Ausstellung nicht komplex erfasst werden. Betrachten Sie auch die Mosaikgläser, Vasen, auf die mit Silikon Mosaike aufgeklebt wurden. Sie mögen Sie vielleicht erinnern an byzantinische Mosaike oder auch an Werke von Gustav Klimt. Hat man solch ein Objekt unmittelbar vor sich, erspürt man ihr Gewicht. Man erspürt die besondere handwerkliche Kunst, die für die Herstellung unabdingbar war. Man erspürt dann vor allem die künstlerische Ästhetik, die den Objekten innewohnt. Man erspürt auch den eigenen Respekt vor der Berührung des Glases.
Gabriele Küstner sagt von sich: „Der Mosaik-Stil meiner Arbeiten reflektiert deutlich meine Persönlichkeit. Ich werde von leuchtenden Farben und graphischen Formen inspiriert – und ich habe die Geduld, Texturen mit Stein- und Diamantschliff zu erzeugen.“
Dr. Manfred Koller